
Editorial
von Johannes Nehlsen
Oft werden wir bei den WERTESTARTERN gefragt, nach welchen Kriterien wir eigentlich entscheiden, welche Projekte und Gründungsinitiativen wir unterstützen und welche nicht. Selbstverständlich gibt es eine Reihe objektiver und harter Kriterien, die in diesem Prozess eine Rolle spielen: Ein gut geschriebener Antrag, ein schlüssiges Konzept oder ein nachvollziehbarer und realistischer Finanzierungsplan. Aber auch überzeugende Gründerinnen und Gründer, ein schlagkräftiges Team und die Aussicht, dass das Projekt Wirkung bei der Zielgruppe entfalten kann, sind entscheidende Faktoren.
Letztendlich spielt ein Faktor eine wesentliche Rolle, den man nicht in eine Excel-Tabelle oder ein Antragsformular eintragen kann – Vertrauen. Wir sind mit Menschen unterwegs, die gründen wollen. Da liegt es in der Natur der Sache, dass eine Förderentscheidung meistens ein Vertrauen auf das ist, was man noch nicht sieht. Ein Ver- und ein Zutrauen gegenüber den handelnden Akteuren, dass sie in der Lage sind umzusetzen, was sie in der Theorie beschrieben haben. Natürlich ist neben Vertrauen auch eine gesunde Portion Misstrauen notwendig, wie Prof. Michael Herbst in seinem Beitrag schreibt (siehe S. 2), denn in dieser Welt wird Vertrauen manchmal auch missbraucht. Gott sei Dank machen wir diese Erfahrung in unserer Arbeit äußerst selten. Wir verstehen die Förderprojekte, mit denen wir unterwegs sind, als Partner, mit denen wir ein gemeinsames Ziel erreichen wollen. Deshalb ist gegenseitiges Vertrauen unerlässlich und Grundlage unserer Arbeit. Und uns verbindet der gemeinsame Glaube daran, Gott und seinen Zusagen vertrauen zu dürfen. Eine besondere Gottvertrauensgeschichte ist die Gründung der Löwenherz-Schule in Thamm – dazu mehr auf Seite 3.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre unseres aktuellen Newsletters! Zögern Sie nicht, uns bei Fragen oder Anregungen zu kontaktieren.
Mit herzlichen Grüßen aus der Geschäftsstelle, bleiben Sie behütet!
Ihr Johannes Nehlsen
Geschäftsführer

Auf den Punkt gebracht
»Vertrauen« - ein Beitrag von Prof. Dr. Michael Herbst
Der Sprung
Irgendwann erlebt es jeder, der mit Kindern zu tun hat: Der Dreijährige steht hoch oben auf der Treppe, auf dem Tisch oder auf einer Gartenmauer. Mutter oder Vater stehen unten und breiten die Arme aus. Und der Kleine springt ohne großes Zögern ab, landet und juchzt! Er hat dazu kein Gutachten »Ob Väter ihre Kinder fangen« eingefordert. Er hat keine Statistik »Wie oft das Vertrauen der Springer enttäuscht wurde« gelesen. Er sprang, sein Wissen um die Verlässlichkeit des Vaters oder der Mutter genügte ihm. Das ist Vertrauen. Vertrauen ist kostbar. Es ist wahrhaftig ein Wert. Dietrich Bonhoeffer, Theologe, Widerstandskämpfer und Märtyrer, schrieb 1943 in einem Brief an seine Eltern aus der Haft: »Wie lebt man doch ganz vom Vertrauen und ohne Vertrauen wird das Leben arm.«[1]
Vertrauen – erforscht
Vertrauen ist – grob gesagt – das Empfinden bzw. die Überzeugung, dass ein anderer redliche Absichten verfolgt, also aufrichtig, wohlwollend und verlässlich ist.[2]
Mit dem Vertrauen befassen sich mehrere wissenschaftliche Disziplinen. Psychologen, Soziologen, Ökonomen sind dem Phänomen auf der Spur, dass Menschen etwas tun – sie ›springen‹ gewissermaßen –, obwohl sie wissen, dass sie dabei ein Risiko eingehen. Spieltheorien versuchen, das menschliche Vertrauen genauer zu erfassen und arrangieren dafür spezielle Situationen: Würden wir beispielsweise jemandem Geld leihen, der es nicht zurückzahlen müsste, sich aber vielleicht moralisch dazu verpflichtet fühlte?[3] Tut er es, dann erweist er sich als vertrauenswürdig, was wiederum unsere Bereitschaft fördert, ihm auch künftig zu vertrauen.
Wir wissen in der Regel etwas über den, dem wir vertrauen, aber nicht alles. Gäbe es keine Unsicherheit, bräuchte es kein Vertrauen. Wir hoffen auf einen guten Ausgang und können dabei im besten Falle auf die positiven Erfahrungen in der Vergangenheit bauen, aber gehen doch immer eine Wette auf die Zukunft ein. Wenn wir uns entscheiden zu vertrauen, dann geschieht etwas: Wir öffnen uns jemandem, trauen einem Versprechen, handeln in der Hoffnung auf die Fairness des anderen, verlassen uns auf eine Zusage usw. Es bleibt ein Wagnis. Wer vertraut, macht sich verletzlich. Aber wer nicht vertraut, zahlt einen hohen Preis: Im Grunde bleibt er isoliert, ängstlich, handlungsunfähig. Es geht nicht ohne Vertrauen, aber die Entscheidung zu vertrauen, kostet immer (etwas) Mut.
Dabei sind die Startbedingungen verschieden. Der Psychologe Erik H. Erikson erforschte in den 1950er Jahren das Entstehen eines Grund- oder Urvertrauens in der Kindheit. Diese ›Morgengabe‹ entsteht durch verlässliche Kontakte der Mutter zum Kind und bleibt als Grundvertrauen lebenslang. Mangelt es daran, bleibt hingegen eine Bürde: ein tiefes Misstrauen gegenüber der Verlässlichkeit der Welt.[4]
Der US-amerikanische Psychologe John Gottman hat in seiner »Science of Trust« 2011 die Bedingungen von Vertrauen in ehelichen Beziehungen untersucht. Auch hier geht es im Kern um Verlässlichkeit und Wohlwollen. Eheliches Vertrauen entsteht, wenn ich die Frage „Bist du für mich da und wirst im Zweifelsfall deine Fürsorge für mich über andere Interessen und Loyalitäten stellen?“ positiv beantworten kann. In vertrauensvollen Beziehungen geht es nicht um völlige Selbstlosigkeit, sondern darum, dass jemand neben seinen eigenen Interessen auch die des anderen im Sinn hat.[5] Ich kann sorglos sein: Der andere wird an mich denken.[6]
Jeder, der an der Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen beteiligt ist, ist mit der Aufgabe betraut, ihnen durch stabile Beziehungen ein Gefühl für die Verlässlichkeit der Lebenswelt zu vermitteln. Aus diesem Vertrauen kann ein Sichtrauen entstehen: Entscheidungen zu fällen, zu handeln, sich auf Beziehungen einzulassen; es gilt, junge Menschen davor zu bewahren, argwöhnisch und misstrauisch durchs Leben zu gehen. Zugleich müssen sie lernen zu unterscheiden, wer ihr Vertrauen verdient, also vertrauenswürdig ist, und wer nicht. Naive Vertrauensseligkeit ist ebenso ungesund wie ein pathologisches Misstrauen. Gebildet wird also neben der Fähigkeit zu vertrauen auch ein gesundes Misstrauen, besser gesagt, die Fähigkeit, auch in dieser Hinsicht „die Geister zu unterscheiden“[7].
Vertrauen ist ein Wert gerade da, wo es um Bildungsprozesse junger Menschen geht. Denn es werden nicht nur Wissensbestände, Fertigkeiten und Fähigkeiten vermittelt, sondern auch Haltungen gegenüber der Welt gebildet – und zwar in hohem Maß durch belastbare Beziehungen.
Wagnis und Geschenk
Dietrich Bonhoeffer hat sich noch genauer zum Thema Vertrauen geäußert. In einem kurzen Aufsatz, in dem er nach zehn Jahren Leben im NS-Regime 1943 Bilanz zieht, schreibt er:
»Wir haben es gelernt, dort, wo wir vertrauen, dem anderen unseren Kopf in die Hände zu geben; gegen alle Vieldeutigkeiten, in denen unser Handeln und Leben stehen musste, haben wir grenzenlos vertrauen gelernt. Wir wissen nun, dass nur in solchem Vertrauen, das immer ein Wagnis bleibt, aber ein freudig bejahtes Wagnis, wirklich gelebt und gearbeitet werden kann. Wir wissen, dass es zu dem Verwerflichsten gehört, Misstrauen zu säen und es zu begünstigen, dass vielmehr Vertrauen, wo es nur möglich ist, gestärkt und gefördert werden soll. Immer wird uns das Vertrauen eines der größten, seltensten und beglückendsten Geschenke menschlichen Zusammenlebens bleiben, und es wird doch immer nur auf dem dunklen Hintergrund eines notwendigen Misstrauens entstehen. Wir haben gelernt, uns dem Gemeinen durch nichts, dem Vertrauenswürdigen aber restlos in die Hände zu geben.«[8]
Damit können wir unsere Einsichten zum Thema Vertrauen bündeln: Zum einen ist Vertrauen nicht selbstverständlich, sondern kostet Mut. Es geht um ein »freudig bejahtes Wagnis«. Zum anderen gibt es Vertrauen nur »auf dem dunklen Hintergrund eines notwendigen Misstrauens«. Dem »Gemeinen« sollen wir uns verweigern, dem Vertrauenswürdigen geben wir »unseren Kopf in die Hände«. Gleichzeitig ist denen zu wehren, die Misstrauen säen, z.B. durch krude Verschwörungstheorien und grundsätzliche Skepsis, etwa gegenüber ›denen da oben‹.
Bislang haben wir das Thema ganz ›innerweltlich‹ verstanden und uns auf das Vertrauen zwischen Menschen bezogen. Es gibt aber eine weitere, für Christen sogar im vollen Sinne des Wortes grundlegende Dimension des Themas:
Glaube als lebensbestimmendes Vertrauen
Wenn man über den christlichen Glauben nachdenkt, kann man verschiedene Aspekte in den Blick nehmen: So lebt Glaube etwa aus der Erfahrung mit Gott, aber auch von Überzeugungen. Ich weiß nicht nur etwas über Gott, sondern bin innerlich überzeugt, dass es sich so verhält. Daraus erwachsen bestimmte Praktiken: Ich werde z.B. beten, mich zu einer Gemeinde halten und nach den ethischen Konsequenzen meiner Überzeugungen fragen. Das alles gehört zum Glauben.
In seinem Kern aber ist Glauben noch etwas anderes: Vertrauen. Wilfried Härle sagt es so: »Glaube bezeichnet nach christlichem Verständnis das grundlegende, daseinsbestimmende Vertrauen oder Sich-Verlassen eines Menschen auf ein Gegenüber.«[9] Härle betont die ›Zweistelligkeit‹ von Vertrauen. »Ich vertraue«, ist demnach noch eine unvollständige Aussage. Es braucht das verlässliche Gegenüber, auf das ich mich verlasse.[10] Das bezeichnet eine Richtung: Ich gehe über mich selbst hinaus auf einen anderen zu, dem ich mich anvertraue. Das ist nach christlichem Verständnis Gott, wie er sich im Leben, Leiden und Auferstehen Jesu gezeigt und in seinem Wort als vertrauenswürdig erwiesen hat.[11]
Eine der schönsten Vertrauensgeschichten handelt von Petrus, der dem Ruf Jesu folgt, ihm auf dem Wasser entgegenzugehen (Mt 14,22–32). Er schaut auf Jesus – und kann auf dem See wandeln. Das ist ein starker Ausdruck von Vertrauen. Dann aber wird sein Blick gefangen vom Wind und von den Wellen – und er sinkt. Das war es mit dem Vertrauen! Aber das war es nicht mit dem, auf den er vertraute. Jesus fängt den sinkenden Petrus ab und hält ihn. Die Pointe offenbart das Geheimnis des Glaubens: Der Herr hält zu dem, der ihm vertraut, aber er hält ihn auch, wenn das Vertrauen nicht mehr trägt. Christliches Vertrauen vertraut nicht auf sich selbst, sondern vertraut – so paradox dies klingt – auf den, der den hält, dessen Vertrauen nicht hält.
Das Vertrauen zu Gott, der mich hält, ist auch die Basis für das Vertrauen ›in der Horizontalen‹: Weil Gott mich hält, wage ich Vertrauen zu anderen Menschen, selbst wenn sie mich ab und an enttäuschen (so wie auch ich andere schon enttäuscht habe). Ich bin zwar auch als Glaubender der, der (durch Anlage und Gewordensein) so und nicht anders ist, aber die Erfahrung der Verlässlichkeit Gottes kann manches heilen, was in der Kindheit verletzt wurde. Ich vertraue dem Leben, dass es sich lohnt, sich zu investieren und etwas Gutes zu wagen. Ich vertraue auch mir selbst, traue mir etwas zu, weil mich Gott begabt hat. Ich kann dabei stürzen – aber nicht tiefer als in seine Hand. Ich vertraue (jedoch nicht kritiklos) den irdischen Ordnungen, die Gott zur Bewahrung seiner Welt eingerichtet hat. Ich kenne auch meine Grenzen und die der anderen: Ich lerne, mich »dem Gemeinen durch nichts, dem Vertrauenswürdigen aber restlos in die Hände zu geben.«[12] Vom Vertrauen zu Gott getragen, lerne ich zu vertrauen – und damit: zu leben. Das ist der tiefste Sinn des Wertes, den Vertrauen darstellt.
Überall wo gebildet wird (in der Familie, in den Bildungseinrichtungen zwischen Kindertagesstätte und Universität, in den Medien, in den Gemeinden u.a.), geht es um den Aufbau von Vertrauen. Und jede dieser Einrichtungen kann auf ihre Weise dazu beitragen, dass Menschen lernen, ihr Leben dem Vertrauenswürdigen anzuvertrauen.
Bibliografie
Bonhoeffer, Dietrich: Widerstand und Ergebung. Neuausgabe. München 1970
Cloud, Henry: Integrity. The courage to meet the demands of reality. New York 2006
Erikson, Erik H.: Wachstum und Krisen der gesunden Persönlichkeit. Stuttgart 1953
Gottman, John M.: The Science of Trust: Emotional Attunement for Couples. New York und London 2011
Härle, Wilfried: Dogmatik. Berlin und New York 4. Aufl. 2012
[1] Dietrich Bonhoeffer (1970), 40.
[2] John M. Gottman (2011), 41: Es gehe um eine Bewertung, »a belief in the honesty, fairness, or benevolence of the other party.«
[3] Ibid., 49.
[4] Vgl. Erik H. Erikson (1953).
[5] Vgl. John M. Gottman (2011), 47–49.
[6] So auch Henry Cloud (2006), 76f. »To trust means to be careless.«
[7] Zum Prüfen und zur Unterscheidung der Geister ruft der Apostel Paulus in 1 Kor 12,10 oder 1 Thess 5,21 auf.
[8] Dietrich Bonhoeffer (1970), 21.
[9] Wilfried Härle (2012), 56.
[10] Vgl. Ibid., 57.
[11] Vgl. Ibid., 56–71.
[12] Dietrich Bonhoeffer (1970), 21.

Aus der Projektarbeit
Eine Schulgründung wie ein Krimi
Die Löwenherz Schule in Thamm, Baden-Württemberg
Eine Schule zu gründen braucht Mut, ein gutes Team, viel Gebet und sehr viel Vertrauen in göttliche Versorgung. Zwei Schulgründungsinitiativen der WERTESTARTER ist dies im letzten Jahr gelungen. Eine davon ist die Löwenherzschule.
Am Freitag, den 17.09.2021 hat die Löwenherzschule für 14 Erstklässler ihre Türen geöffnet. Zwischen den ersten Gedanken an eine Schulgründung von Stefan und Debby Ziegler und dem ersten Schultag lagen weniger als drei Jahre. In gut 24 Monaten haben die beiden mit einer Handvoll Menschen auf die Beine gestellt und eine Schule an den Start gebracht, was üblicherweise mehr als fünf Jahre dauert. Es ist ein Traum, der „nur mit Gottes Hilfe und viel Gottvertrauen so wahr werden konnte“, so das Gründungsteam. Von außen betrachtet liest es sich wie ein Krimi: Bei der intensiven Suche nach einem Schulgebäude in der Region und einem ebenfalls gut erreichbarem Außengelände für den wöchentlich geplanten Outdoor-Unterricht, kamen exakt je nur ein einziges Objekt in Frage. Für beide Objekte gab es eine Zusage. Auf die ausgeschriebene Lehrerstelle kam bis kurz vor dem Start nur eine einzige geeignete Bewerbung. Das passte aber noch nicht richtig, deshalb wurde der Bewerberin abgesagt. Die einzige Bewerbung wurde in den Wind geschlagen und darauf vertraut, dass die richtige Person zur richtigen Zeit kommen wird, und sie kam. Der Showdown im Gründungskrimi war die Genehmigung des Brandschutzkonzeptes durch das Bauamt. Hier gab es monatelang ein Hin und Her und sich ändernde Vorgaben. So lag die finale Genehmigung erst wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier (!!) im Briefkasten.
Mit den bunten Luftballons, die die Kinder am ersten Schultag in den Himmel steigen lassen, fliegt sicherlich auch manche Sorge davon. Finanziell ist man nach wie vor auf Kante genäht, aber das Vertrauen auf Gott bleibt, auch wenn eine neu gegründete Schule erst ab dem vierten Schuljahr staatliche Zuschüsse bekommen kann. Bis dahin muss die Finanzierung über Spenden und Schulgelder gedeckt werden. Doch Stefan Ziegler ist sicher, dass „Gott uns die Menschen und Ressourcen schicken wird, die wir dann jeweils benötigen“ und strahlt mit der Sonne um die Wette, während die Ballons im Blau des Himmels verschwinden.
Die Löwenherzschule setzt, basierend auf den Grundpfeilern des christlichen Glaubens, mit zukunftsfähigen Lernformen und Naturerfahrungen den Lehrplan des Landes Baden-Württemberg um.
www.loewenherzschule.de

Wissenswertes für Gründungsinitiativen
Gründen - welche Rechtsform ist geeignet?
Dr. Wolfgang Dannhorn (Vorstandsmitglied der WERTESTARTER)
Etwas Zauberhaftes geht von der Gründung eines neuen Werkes, der Bündelung einer Initiative oder der Errichtung einer gemeinsamen christlichen Unternehmung aus. Getragen vom Glauben finden Menschen sich immer wieder zusammen, in größeren oder kleineren Gruppen, und möchten Hand anlegen, um jungen Menschen christliche Werte zu vermitteln.
Eine solche Arbeit kann allerdings nicht im rechtsfreien Raum erfolgen, vielmehr muss eine passende rechtliche Form gewählt werden.
Gemeinnützigkeit als Kriterium
An oberster Stelle steht dabei immer die Gemeinnützigkeit, nur so sind Spenden steuerlich absetzbar. Damit scheiden solche Rechtsformen aus, die keine Gemeinnützigkeit erlangen können. Das betrifft insbesondere die BGB-Gesellschaft, die ansonsten unproblematisch aus dem Zusammenschluss mehrerer Personen entsteht.
Der eingetragene Verein (e.V.)
Der eingetragene Verein wird häufig gewählt und bietet viele Vorteile. Seine Gründung ist unkompliziert, ein Mindestkapital ist nicht vorgesehen, sieben Gründungsmitglieder reichen aus, es wird ein Vereinsvorstand gewählt. Der Verein wird von den Mitgliedern getragen, er lebt davon, dass die Mitglieder des Vereines sich auch tatsächlich am „Vereinsleben“ beteiligen. In der Regel wird ein größerer Teil der Tätigkeit des Vereins durch Beiträge der Mitglieder und/oder Spenden finanziert. Eine wirtschaftliche Tätigkeit muss untergeordnet bleiben und dem Vereinszweck dienen.
Die Rechtsform des eingetragenen Vereines wird gerne für Kindergärten, Kindertagesstätten oder Schulen herangezogen, ebenso wie für Fördervereine bereits bestehender Einrichtungen.
Die gemeinnützige GmbH (gGmbH)
Die gemeinnützige GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) ist eine Kapitalgesellschaft, d.h. eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen müssen das Stammkapital (EUR 25.000) aufbringen, diese Personen sind dann die „Gesellschafter“, letztlich die Eigentümer der GmbH, die einen oder mehrere Geschäftsführer bestellen. Die GmbH darf in höherem Maße wirtschaftlicher Aktivität nachgehen als der eingetragene Verein. Die gGmbH tritt oft dort auf, wo abhängige bzw. Konzern-Strukturen geschaffen werden sollen und der Eigentümer nicht oder selten wechselt: Die Kirchengemeinde, die eine Sozialstation als gGmbH betreibt und deren Gesellschafter ist. Oder auch das christliche Werk, das über Unterorganisationen verfügt und diese als gGmbH betreibt.
Die gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG)
Die gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG) ist eine GmbH im Kleinen, als Startkapital reicht ein Euro. Die gUG stellt eine schlanke Alternative zur gGmbH dar, ist aber noch nicht weit verbreitet.
Die Stiftung bürgerlichen Rechts
Die Stiftung bürgerlichen Rechts eignet sich dann, wenn ein größeres Kapital (zumeist mindestens EUR 100.000, das ist je nach Bundesland verschieden) angelegt wird und aus den Erträgen heraus ein gemeinnütziger Zweck verfolgt wird. Stiftungen finden sich im Rahmen christlicher Vorhaben dort, wo mit dem Einsatz von Kapital ein auf Nachhaltigkeit angelegtes Projekt dauerhaft getragen werden soll.
Ist ein Wechsel von einer Rechtsform in die andere möglich?
An dieser Stelle heißt es, sehr vorsichtig zu sein: Der Wechsel von einer Rechtsform in die andere ist meist aufwändig, mit hohen Kosten verbunden und nicht zu empfehlen. Das bedeutet: Am Anfang einer Initiative sollte sehr gut überlegt werden, welche Rechtsform sich am besten eignet.
Fazit
Die Anzahl möglicher Rechtsformen für christliche Vorhaben ist überschaubar. Die Wahl will jedoch gut überlegt sein, dabei sollte man sich folgende Fragen stellen:
- Wieviel Grundkapital habe ich zur Verfügung?
- Wieviel wirtschaftlicher Aktivität möchte ich nachgehen bzw. wie viel betriebswirtschaftliches Know-How habe ich im Team?
- Woher beziehe ich meine finanziellen Mittel?
- Wie stelle ich mir die zukünftige Organisationsstruktur und -arbeit vor? Mitgliederbasiert, basisdemokratisch, hierarchisch, mit vielen oder wenigen Ehrenamtlichen?
Die Antworten auf diese Fragen führen in aller Regel zu einer passenden Rechtsform.
Hier finden Sie bei Bedarf weiterführende Informationen:
- Haus des Stiftens: „Welche Rechtsform ist die Beste?"
[zuletzt online 22.12.2021]